Zunächst: Vielen Dank an die Mönchengladbacher BUND-Aktiven Heinz und Sabine Rütten und Klaus Hüneburg für die Recherchen.
Schauen wir uns das mal näher an.
Die mickrige Yucca-Palme in der Steinwüste lässt grüßen
In der Bauordnung des Landes NRW (BauO NRW) aus dem Jahr 2018 heißt es im § 8, dass "nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbaute Flächen eines Grundstücks wasseraufnahmefähig" sein müssen und "begrünt oder bepflanzt" werden müssen, soweit dem "nicht die Erfordernisse einer anderen zulässigen Verwendung entgegen stehen." Das ist relativ weit auslegbar.
Tatsächlich heißt es in einem Schreiben der Stadt Mönchengladbach, dass dies auch bedeuten könne, dass eine Schotterfläche mit vereinzelter Bepflanzung oder wenigen Gräsern „begrünt“ werden könne, solange die Wasseraufnahmefähigkeit gewährleistet ist. Die Yucca-Palme ...
Der neuen Regelung zufolge, die deit dem 1.1.2024 in Kraft ist, sind Schotterungen und Kunstrasen nunmehr ausdrücklich als nicht zulässige Gestaltungen von Grünflächen genannt.
Nun heißt es, dass "nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen… als Grünflächen wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen" sein müssen – fast nichts Neues – oder zu "begrünen oder zu bepflanzen" sind – auch nichts Neues – aber dies nur insofern, als diese Flächen nicht für eine "andere zulässige Verwendung" benötigt werden.
Was gilt als „zulässig“?
Hier heißt es in jetzt eindeutig und wörtlich: "Schotterungen zur Gestaltung von Gartenflächen sowie Kunstrasen stellen keine andere zulässige Verwendung … dar“.
Das sollte doch eindeutig und als definitives Verbot von Schottergärten zu interpretieren sein.
Nun aber gibt es in der Landesbauordnung NRW auch noch den § 64, der sich auf das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren bezieht. Hier gab es bislang die Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörde, Bauauflagen zu überprüfen und zwar ausdrücklich auch die Bestimmungen des alten § 8 wie oben zitiert. Bedeutet „Prüfung“ etwa nicht, dass vorher, also PRÄVENTIV in Sinne einer verpflichtenden Bauauflage hingeschaut werden muss?
Wie dem auch sei, diese Prüfpflicht des § 8 wurde nun gestrichen – ebenso wie weitere Aspekte wie „Vereinbarkeit eines Bauvorhabens in Sachen Abmessungen, Farben, Werkstoffen mit der Umgebung“ (§ 9), „Anlagen der Außerwerbung und Automaten“ (§ 10 – das wäre vielleicht wichtig für das Thema „Lichtverschmutzung“ …) und die Ausgestaltung von „Wohnungen“ in Sachen Lage, Belüftung und Ähnlichem (§ 47) – tatsächlich auch das ???
Das heißt im Klartext: Schottergärten sind verboten, aber es schaut keiner mehr hin. Das, was als eindeutiges Verbot in die Änderung reingeschrieben wird, wird gleich wieder rausgewaschen. Dem Papiertiger wird der Zahn sofort gezogen …
Vielleicht ist auch das nichts Neues, denn wo wurde tatsächlich hingeschaut ?! Die schiere Menge an Schottergärten, die selbst mit der BauO NRW von 2018 nicht im Einklang stehen und die vielerorts anzutreffen sind, sprechen ja nicht dafür, dass dieser Prüfpflicht tatsächlich nachgekommen wurde. Oder dass dies darin mündete, dass keine Schottergärten angelegt werden. Konsequenz sieht anders aus.
Und trotzdem handelt es sich um eine weitere Verschlechterung eines ohnehin schlechten Zustandes, denn mit der Änderung gibt es keine präventiven rechtlichen Handhabungen für die Bauaufsichtsbehörden mehr. Und die repressiven Möglichkeiten, nämlich Verstöße gegen die Bauordnung zu ahnden und zum Rückbau zu verpflichten, wurden ohnehin nur äußerst zurückhaltend genutzt. Im oben erwähnten Schreiben der Stadt Mönchengladbach heißt es hierzu, dass man dann schon alle Verstöße im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes ahnden müsse. Dies sei aber nicht „leistbar“.
Einfach mal vorgestellt,, es gäbe ein Tempolimit und es wird im vorhinein gesagt, dass das auf keinen Fall mit Geschwindigkeitsmessungen überprüft werden wird. Dann kann das auch gleich sein gelassen werden.
Das trägt die Handschrift einer Schwarz-Grünen Landesregierung. Die einen wollen die Schottergärten verbieten (vielleicht weil das ökologisch sinnvoll ist), die anderen wollen aber nichts verbieten (vielleicht weil man den Bürger*innen keine Verbote zumuten will). Am Ende kommt ein ans Absurde grenzender Kompromiss heraus, der so gut wie nichts bringt – am wenigsten dem Stadtklima, der Umwelt und der Natur.
Wir könnten jetz mal vermuten, dass der kommunalen Bauaufsicht, die ihre Hausaufgaben vielerorts nie gemacht hat (weil sie nicht konnte oder wollte …), jetzt eben die Hausaufgaben erlassen werden. Da hilft es auch nicht, dass das Verbot von Schottergärten eindeutiger gefasst wurde.
Immerhin bleibt noch ein Ansatz, nämlich der Weg über Regressansprüche
Die ausführenden Baufirmen aus den Bereichen Hochbau oder Landschaftsarchitektur haben eine Sorgfalts- und Beratungspflicht. Wenn sie es versäumen darauf hinzuweisen, dass Schottergärten nicht zulässig sind, können sie im Fall eines angeordneten Rückbaus regress- und schadensersatzpflichtig werden. Aber wie war das gleich mit der Repression? Der Gleichheitsgrundsatz … Es muss sich ja auch jemand darum kümmern. Manche Kommunen winken da mit Blick auf ihre personellen Ressourcen oft ab und lassen die Dinge einfach laufen.
Schlechte Aussichten. Da müssen wir wieder einmal selber ran und Druck machen – vor Ort und auf Landesebene.