- Landesweite Herdenschutzoffensive zur Vermeidung von Nutztierrissen erforderlich
- Rechtliche Grundlagen für Abschuss derzeit nicht gegeben
- Umstände neuer Nutztierrisse durch die Wölfin „Gloria“ bislang nebulös
Am 16. November 2023 gab ein Sprecher des Landesumweltministeriums in Düsseldorf vor dem Hintergrund neuer Nutztierrisse der Wölfin GW954f „Gloria“ bekannt, zusammen mit dem zuständigen Kreis Wesel die „Grundlagen für die Prüfung einer Entnahme des Wolfes“ erarbeitet zu haben.
Holger Sticht, Vorsitzender des BUND NRW: „Die Diskussion um die Wölfin Gloria ist vor Gericht bereits ausführlich geklärt worden. Um Konflikte zwischen Tierhaltern und dem heimischen Wolfsrudel zu lösen, brauchen wir jetzt keinen Aktionismus und kein Bauernopfer, sondern nachhaltige Lösungen. Die Koexistenz von Weidetierhaltung und Wolf ist möglich, wenn wir endlich einen landesweiten, flächendeckenden und effektiven Herdenschutz etablieren.“
Aus BUND-Sicht sind im Übrigen die rechtlichen Grundlagen für eine Tötung der Wölfin nicht gegeben. So ist das Tier eines von derzeit lediglich zwei bis drei reproduzierenden Wölfinnen in NRW, sodass ein Ausfall die gesamte Population gefährden könnte. Zudem fehlt bislang eine vorgeschriebene Alternativenprüfung.
Im Zeitraum vom 27. September bis 24. Oktober 2023 konnte Gloria sechsmal bei Nutztierschäden nachgewiesen werden. Alle Fälle ereigneten sich nördlich der Lippe im Bereich des Dämmerwalds. Dieses Gebiet hat die Wölfin neu besiedelt, nachdem sie ihr Rudel aus unbekannten Gründen verlassen zu haben scheint. In diesem neuen Gebiet soll sie nun nach Angabe des Umweltministeriums in nur 4 Wochen so viel Schaden angerichtet haben, dass zukünftig ein „ernster wirtschaftlicher Schaden“ zu erwarten und damit eine der Voraussetzungen für eine Abschussgenehmigung gegeben wäre. Fakt ist aber, dass diese Wölfin seit ihrer Ankunft im Schermbecker Gebiet im Jahre 2018 nur in 6 % aller Fälle Zäune mit empfohlenem Herdenschutz überwunden hat und dies im Jahr 2021 das letzte Mal vorgekommen ist. Nun, in der erweiterten, neu ausgerufenen „Förderkulisse Westmünsterland“, soll sie direkt sechsmal den empfohlenen Herdenschutz in kurzem zeitlichen Zusammenhang überwunden haben, ansonsten könnte das Ministerium die Prüfung zur Entnahme gar nicht einleiten. „Das mag den einen oder anderen schon stutzig machen. Daher fordern wir eine transparente Darlegung der Umstände durch das zuständige Landesamt“, fordert Holger Sticht.
In einer Gemeinsamen Pressemitteilung BUND | LNU | NABU NRW | vom 21. November erwarten die Natur- und Umweltschutzverbände eindeutige Beweise für Überwindung des empfohlenen Herdenschutzes im Fall von GW 954f und fordern, die Abschusspläne nicht weiter voranzutreiben. Von flächendeckenden und funktionstüchtigen Herdenschutz ist man in den NRW-Wolfsgebieten und gerade auch im Raum Schermbeck weit entfernt. Dies ist aber Voraussetzung, um überhaupt einen Abschuss in Erwägung ziehen zu können.
Die Existenz des bisher einzigen rein nordrhein-westfälischen Rudels durch die jetzt geplante Tötung der reproduzierenden Fähe bewusst aufs Spiel zu setzen, ist aus Sicht der Verbände nicht mit EU-Recht vereinbar.Zudem suggeriert ein Abschuss eine Lösung, die nicht von Dauer sein wird. Einmal besetzte Wolfsreviere werden von anderen Wölfen wieder besetzt werden. Auch diese werden bei unzureichendem Herdenschutz ebenfalls lernen, Weidetiere als Beute zu sehen.